Editorial

von Dorothee Erpenstein,
FFF Geschäftsführerin
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Das Kino ist zurück. 2023 steht für das Jahr, in dem Barbenheimer als popkulturelles Phänomen in die Filmgeschichte eingegangen ist. Nicht in Konkurrenz zu den Unterhaltungsmöglichkeiten der digitalen Welt, sondern im Gegenteil angeschoben durch Social Media sind die Menschen in die Kinos geströmt, um diese beiden sehr unterschiedlichen Filme zu sehen. Mehr als 1 Milliarde Dollar hat Greta Gerwigs „Barbie“ weltweit eingespielt, 961 Millionen Dollar erwirtschaftete Christopher Nolans „Oppenheimer“. Vom deutschen Box Office entfallen mehr als 10 Millionen Kinobesuche auf diese beiden Produktionen. Sie waren Zugpferde für das Kino, einzigartige Ereignisse und Erlebnisse, wie es sie so eben nur im Kino gibt.

Zugpferde gab es auch unter den deutschen Filmen, und sie waren alle FFF-gefördert: Beim nach Besuchszahlen erfolgreichsten deutschen Kinofilm „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ ist der FFF Bayern Hauptländerförderer, beim nach Umsatz stärksten Film „Rehragout Rendezvous“ ist der FFF Bayern einziger Länderförderer – ebenso wie beim Kinohit „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“. Hinter allen drei Kinofilmen stehen bayerische Produktionsfirmen: Leonine Studios, Constantin Film und Megaherz. Unter den zehn an der Kinokasse erfolgreichsten Filmen sind sieben FFF-gefördert, darunter alle Filme der TOP 6. Die als Alternative Content im Kino herausgebrachte RTL-Serie „Neue Geschichten vom Pumuckl“ hat es in die Top 15 geschafft,; sie wurde, ebenfalls von einer bayerischen Firma produziert: Neuesuper. Deutsche Filme haben laut Comscore im vergangenen Jahr ein Boxoffice von 139 Mio. Euro erzielt. FFF-geförderte Filme inklusive der internationalen Koproduktionen haben 110 Mio. Euro eingespielt.

2023 hat sich das Fördervolumen des FFF Bayern gegenüber dem Vorjahr leicht erhöht. Die Gesellschafter des FFF Bayern Freistaat Bayern, Bayerischer Rundfunk, ZDF, RTL, Seven.One Entertainment Group, Bayerische Landeszentrale für Neue Medien und Sky Deutschland haben sich einmal mehr als verlässliche Partner und Garanten für Stabilität gezeigt. Dafür gebührt ihnen großer Dank.

Höher als im Vorjahr fiel etwa das Fördervolumen im FFF Förderprogramm für Internationale Koproduktionen aus, für das der Freistaat Bayern die Mittel zur Verfügung gestellt hat. So konnte der FFF Bayern z.B. die starbesetzten Projekte „Return to Silent Hill“, „Morning“ und „Nine Perfect Strangers“mit auf den Weg bringen. Ebenfalls leicht erhöht hat sich auch das bewilligte Fördervolumen im Bereich Verleih und Vertrieb, das von allen FFF Gesellschaftern bereitgestellt wird.

Neue Geschichten vom Pumuckl (c) Constantin Film

Als Antwort auf die aktuellen gesellschaftspolitischen Herausforderungen hat der FFF Bayern, flankiert von seinen Gesellschaftern, 2023 als erste Länderförderung in Deutschland zwei neue Förderinstrumente eingeführt: Ein Gender Incentive und ein Praktikant*innen Incentive. Im Jahr 2023 haben sich bei Beibehaltung der Besetzung, die bei Antragstellung angegeben wurde, Produktionsfirmen von acht Projekten für ein Gender Incentive qualifiziert, das in die Entwicklung eines neuen Projekts eingebracht werden kann. Das Gender Incentive zielt darauf ab, nachhaltig und effektiv die Position von Frauen in der Filmbranche zu stärken. Bei sieben geförderten Projekten wurden außerdem im Jahr 2023 Praktikant*innen Incentives in einer Gesamthöhe von 58.000 Euro durch den Ausschuss bewilligt – dabei handelt es sich um eine limitierte Zuschuss-Förderung mit Pauschalbetrag für diejenigen Produktionen, die mindestens eine*n bezahlte*n Praktikant*in beschäftigen. Ebenfalls eingeführt hat der FFF Bayern die gemeinsamen ökologischen Standards der Bundes- und Länderförderungen. Sie gelten für alle Produktionsstadien und für diejenigen Produktionsphasen, die in Deutschland realisiert werden.

Das Fördervolumen für den Bereich Produktion Fernsehfilm ist gegenüber 2022 etwas gesunken. Dies spiegelt die im Jahr 2023 zu beobachtende niedrigere Antragslage gegenüber anderen Jahren wider. Etliche aus den Vorjahren geförderte TV-Produktionen wurden 2023 ausgestrahlt und erreichten gute Quoten. Die FFF-geförderte Serie „Die Kaiserin“ gewann den International Emmy.

19 Filme vielversprechender Talente unterstützte der FFF Bayern in der Produktion mit insgesamt 2,1 Mio. Euro. Gefördert hat der FFF Bayern sechs Debütfilme, 10 Abschlussfilme und drei Projekte von Quereinsteiger*innen. Der geförderte programmfüllende HFF München-Abschlussfilm „Life is not a competition, but I’m winning“ wurde bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig uraufgeführt und gewann außerdem den First Steps Award. Diesen begehrten Nachwuchspreis haben auch die geförderten Abschlussfilme „Clashing Differences“ und „Der Rückweg“ gewonnen. Auch mit FFF Stoff- und Projektentwicklungsförderung entstehen für die große Leinwand Filme von neuen Stimmen, die die Vielfalt und Bandbreite des kreativen Schaffens am Standort Bayern repräsentieren.

2,9 Mio. Euro Fördermittel sind 2023 in die bayerischen Kinos geflossen. Das sind 470.000 Euro mehr als 2022. Kräftig aufgestockt wurden die Mittel für die Investitionszuschüsse: Hier bewilligte der FFF Bayern 2 Mio. Euro. Für die Kinoprogrammprämien stellte der Freistaat Bayern erneut zusätzliche Mittel zur Verfügung; so konnte der FFF Bayern 78 Kinos in einer Gesamthöhe von 835.000 Euro auszeichnen – fast doppelt so viel wie in den Jahren vor der Pandemie.

Mit rund 522.000 Euro unterstützte der FFF Bayern 16 neue Extended Realities (XR)-Projekte. Internationales Aufsehen erregten die geförderten Experiences „Emperor“ und „Mind the Brain!“ mit ihren Perfomances in Venedig und Miami. Sechs Mal unterstützte der FFF Bayern die aufwändigen Präsentationen von geförderten Experiences bei Festivals und auf Messen.

Thabo - Das Nashorn-Abenteuer (c) Wild Bunch

50 neue Gamesprojekte empfahl der FFF Bayern zur Förderung. Das bewilligte Volumen betrug 3,3 Mio. Euro. Das sind etwa 140.000 Euro mehr als im Vorjahr. 2023 bei der gamescom erstmals gezeigt wurde das FFF-geförderte Fantasy-Strategiespiel „Songs of Silence“ (Chimera Entertainment). Das Münchner Studio Aesir Interactive zahlte nach erfolgreicher Auswertung von „Polizei Simulator“ die vollständigen Fördermittel in Höhe von 620.000 Euro an den FFF Bayern zurück – nach Recherchen von Gamesmarkt ist das die höchste Rückzahlung einer Gamesförderung in Deutschland.

Der FFF Bayern unterstützt die Film-, Games- und XR-Branche mit Fördermitteln, aber auch darüber hinaus: mit Fachveranstaltungen und Netzwerkevents. Den Auftakt für das Jahr 2023 bildete der FFF Empfang auf der 73. Berlinale, der zum ersten Mal seit drei Jahren wieder stattfinden konnte und mit rund 600 Gästen auf großes Interesse stieß, sowohl bei etablierten Filmschaffenden als auch bei Newcomern. Es folgten Events beim DOK.fest München, bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes und Venedig, beim Filmfest München, beim Festival der Zukunft und bei den Hofer Filmtagen. Die beliebte Gameswanderung hat ebenfalls wieder stattgefunden.

Die Film Commission des FFF Bayern war auch 2023 eine wichtige und beliebte Anlaufstelle für nationale und internationale Teams. Zu ihren Serviceleistungen gehörten wie gewohnt die Vermittlung bei Anfragen nach Drehgenehmigungen, Hilfe bei Motivsuche, Verbesserungen der Drehbedingungen und Infrastruktur für Dreharbeiten, Netzwerkarbeit mit Partner*innen in den bayerischen Regionen, Präsentation des Filmstandortes Bayern auf nationalen und internationalen Märkten. Dabei waren die Folgen der Streiks in den USA auch bei uns in Bayern zu spüren, das Produktionsvolumen ging zurück. Hätten die verschobenen Projekte umgesetzt werden können, wäre das Jahr 2023 voraussichtlich ein Jahr mit einer ähnlich hohen Anzahl an Drehtagen wie das Rekordjahr 2021 (über 4.000) geworden. Auslöser für die Streiks war unter anderem eine fehlende Regelung für den rechtssicheren Umgang mit künstlicher Intelligenz, eine Frage, die das Jahr 2023 geprägt hat und uns noch weiter beschäftigen wird.

Die geförderten Projekte haben auch 2023 einmal mehr gezeigt, welche Kreativität der Standort Bayern hervorbringt. Als Fördereinrichtung ist es uns ein Anliegen, Stabilität zu gewährleisten und Vielfalt zu ermöglichen – beides ist in unseren Zeiten der multiplen Krisen wichtiger denn je.

 

Ihre Dorothee Erpenstein

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